Heaven Shall Burn

16-18.08.2013 Rock’n’Heim (Hockenheimring)

Monday, August 19th, 2013
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Tja … Als Konzertjunkie hat man es wirklich nicht leicht. Da freut man sich das ganze Wochenende darüber, mal wieder ganz “privat” auf einem Festival zu sein und nicht als Presse und daher keinen Bericht schreiben und nicht zu jeder Band eine Meinung haben zu müssen – und dann denkt man mittendrin immer wieder “Das muss in den Bericht!”/”Das ist die perfekte Überschrift!”/”Na, das ist nun aber mal ein klarer Kritikpunkt”. Und kaum wieder daheim, setzt man sich hin und schreibt einen Bericht …

Disclaimer vorab: Das hier wird mehr ein Blogeintrag als ein Festivalbericht. Denn schließlich war ich nicht als Presse da, hab mir keinerlei Notizen gemacht und möchte eigentlich auch nicht über die Bands berichten, sondern eher so ganz allgemein.

Gut, erst mal drei Schritte zurück. Vor dem Festival gab es eine Menge Kritik am Rock’n’Heim-Festival, dem neuen Ableger von Rock am Ring/Rock im Park. Kaum Vorab-Infos, teure Tickets in verschiedenen Stufen (normal, Preferred Camping, VIP), und als dann endlich das komplette Programm bekanntgegeben wurde, gab es nur 30 statt 40 Bands und nur zwei statt der angekündigten “mehreren” Bühnen. Ich hatte das Festival rein gewohnheitsmäßig (es ist halt immer noch drin …) nach der Ankündigung der Ärzte ins Auge gefasst, und als ich dann mal genauer aufs Line-Up geguckt und System of a Down registriert hatte, war’s um mich geschehen. Und da ich ja mittlerweile eigentlich Hotelschläfer bin, es in der Nähe (Nähe = Laufweite) aber keinerlei Hotelzimmer gab, hab ich das gesparte Hotelgeld in ein VIP-Ticket investiert. Was sich im Nachhinein betrachtet wohl kaum gelohnt hat, denn das Preferred Camping war wohl nicht viel weiter entfernt; aber geschadet hat es auch nicht, also was soll’s.

Lust hatte ich vorab überhaupt nicht – ernsthaft, im Auto schlafen? DÄ hatten mich bei den letzten Konzerten absolut nicht überzeugt und ich WOLLTE sie überhaupt nicht sehen. Und dann auch noch ein riesiges Festival mit 35.000 Leuten (und das nur, weil es ja weit entfernt von ausverkauft war, eigentlich hätten 50.000 aufs Gelände gepasst…). Hätte es einen Markt für Karten gegeben, hätte ich meine sicher verkauft. Den gab’s aber nicht. Und außerdem: SYSTEM!!!

Also, auf in den Kampf. Auf Facebook wurde schon vom Chaos bei der Anreise berichtet – aber man ist ja VIP, fährt von der anderen Seite an den Ring, sieht weit und breit keine anderen Autos und wird sofort auf einen Parkplatz geleitet, der zwar außerhalb des Geländes ist, aber dafür ca. fünf Minuten entfernt vom VIP-Eingang. Mit direktem Blick auf eine der Bühnen! OK, war leider die “kleine” und ziemlich uninteressante, aber hey, das hatte ich bisher noch nie! Und so ruhig wie dort habe ich auch noch nie auf einem Festival übernachtet; auf dem Parkplatz kam echt den ganzen Tag niemand vorbei, und nachts sowieso nicht. Und nachdem mir ein Ordner versichert hatte, dass das Tor zum Gelände auch nachts offen bleibt und ich jederzeit wieder an mein Auto komme, wurde das Auto noch schnell in die richtige Himmelsrichtung ausgerichtet (ja, schlafen im Auto ist eine Wissenschaft für sich!), und los ging’s zum Festivalgelände. Nicht, dass ich der Aussage des Ordners wirklich vertraut hätte – ich habe zwar eigentlich alle Festival-Mitarbeiter, mit denen ich gesprochen habe, als sehr nett und hilfsbereit empfunden. Genauso hatten alle aber absolut überhaupt keine Ahnung. Am besten war dabei noch derjenige, der mir lang und breit und ausführlich (und wirklich nett dabei) erklärte, dass er nun mal niemand durch den einen Durchgang lassen darf und daher alle, die zum Parkplatz wollen, immer erst 200 Meter die Rennstrecke rauf laufen müssen, DANN durch den unbewachten Durchgang und dann wieder 200 Meter über den Versorgungsweg zurück. Ohne dass irgendeine Kontrollstelle oder irgendwas dazwischen gewesen wäre. Es gab absolut NULL Grund für diese Regelung. “Ich finde das auch schwachsinnig, aber so ist die Anordnung.” Die Bemerkung, dass er einen echt guten Nazi abgegeben hätte, konnte ich mir noch gerade so verkneifen … Aber nun ja, zum Glück stand an dem Durchgang nur hin und wieder jemand. 😉 Und das Tor blieb nachts tatsächlich offen.

Aber genau das war der große Kritikpunkt am ganzen Festival: Es war doch alles schwer improvisiert und unorganisiert. Und das erwarte ich von einem Festival, das von solch erfahrenen Veranstaltern auf die Beine gestellt wird, doch anders. Der VIP-Eingang und -Ausgang war an jedem Tag an einer anderen Stelle. Warum?! Mein Müllpfand hab ich auch nicht wiederbekommen, da ich ja nicht auf dem großen VIP-Parkplatz stand, sondern auf dem kleinen außerhalb. Laut Webseite sollte man in dem Fall zum nächsten großen Parkplatz fahren – aber da kam ich von meinem aus ja gar nicht hin. Und eine lange Wanderung war es mir nicht wert; zumal danach dann ja noch die Diskussion gekommen wäre, dass ich viel zu wenig Müll produziert hätte. Diese Diskussionen konnte ich bisher zwar bei jedem Festival für mich entscheiden, aber … ach, ich war zu faul.

Das Gelände war für ein Festival dieser Größe super – zwar furchtbar weitläufig und mit riesigen Entfernungen, dafür aber auch beim Headliner nicht total überlaufen. Größtenteils geteert, nur vor der Hauptbühne gab’s eine riesige “Wiese”. Oder nennen wir es “Dreckloch” … Das passte nun wirklich nicht zu der Ankündigung, dass “das gesamte Gelände befestigt und damit auch bei Regen laufsicher” sein sollte. Nun ja, der Regen hielt sich zum Glück in Grenzen, Matsch gab es also wirklich keinen – dafür stellte ich bei System of a Down fest, dass der Staub im Taubertal doch eher ein “Stäubchen” ist. Wenn man vorne im Wellenbrecher steht und die Bühne nicht mehr sieht … aber ich greife vor.

Hauptband des ersten Tages waren für mich die Ärzte. Wie erwähnt, es ist halt immer noch drin … Das war mein 98. Ärzte-Konzert, die letzten beiden fand ich richtig mies, und die Band und ihre Konzerte interessieren mich einfach nicht mehr. Dennoch versuche ich es ja immer wieder, ihnen noch mal eine Chance zu geben und das Konzert zu genießen … Das klappte diesmal nicht, aber nicht unbedingt nur wegen DÄ. Ich hatte mir schon früh am Abend einen Platz im Wellenbrecher gesucht (denn man weiß ja, bei großen Festivals muss man zwei Bands vorher drin sein, sonst kommt man nicht mehr nach vorne). War auch kein Problem, es gab noch ein schönes Plätzchen hinten am Gitter, direkt vor dem Wellenbrecher, zwar recht weit hinten, aber mit guter Sicht. Bei Bonaparte wurde es langsam voll, aber nun ja, ich konnte ja jederzeit noch ein wenig zur Seite gehen, da wäre dann ja mehr Platz. Sollte man zumindest denken. Bei den ersten DÄ-Liedern sah ich dann, wie weiter in der Mitte Leute nach hinten übers Gitter aus dem Wellenbrecher kletterten – äääääh, nicht gut. GAR nicht gut. Und bei uns wurde es auch immer voller und voller … nicht wirklich gefährlich (schließlich stand ich direkt vor dem Gitter und hintendran war der Gang), aber unangenehm. Und mit der Zeit kamen immer mehr Leute von vorne und von der Seite, teilweise fast panisch, und wollten raus. Der Gang hinter mir war auch ständig voll … Irgendwann wurde es mir dann auch zu blöd (bis dahin hatte ich vor lauter Gedrängel und Durchgequetsche und Platz machen, um andere rauszulassen, eh noch nichts vom Konzert mitbekommen, und bewegen war sowieso unmöglich), und ich bin auch raus. Das dauerte eine ganze Weile, bis man dann mal aus dem Graben raus war, da war nämlich Stau … und was soll ich sagen: An der Seite hätte man dann ganz problemlos wieder in den Wellenbrecher reinspazieren können! Äh – hallo?! Innendrin ist es völlig überfüllt, und keiner kommt auf die Idee, vorne dichtzumachen?! Später sind dann auch noch Securities mit Holzlatten in den Wellenbrecher-Gang gelaufen. Vermutlich wurde doch ein wenig zu viel von vorne gedrückt … Nee, das war völlig unprofessionell und gefährlich. Es scheint alles gut abgelaufen zu sein, aber so geht das nicht bei einem Festival dieser Größenordnung.

Am nächsten Tag fragte ich vorab, ob der Wellenbrecher zugemacht wird. “Ja klar, wenn voll ist, machen wir hier dicht!” Auf die Anmerkung, dass das gestern ja nicht so geklappt hätte, kam dann nur ein “ja, gestern ging’s ein bisschen drunter und drüber”. Na gut, ist ja auch das erste Mal, kann man ja als Security nicht ahnen … *rolleyes* Nun ja, die Definition von “wenn voll ist” war dann offenbar “wenn keiner mehr reinpasst”, zumindest fühlte es sich vor Tenacious D genau so an. Und zwischen Tenacious D und System of a Down muss es am Wellenbrecher-Einlass auch übel abgegangen sein … am nächsten Tag gab es dann plötzlich noch einen Trenner im Eingangsbereich, um Ein- und Ausgang abzutrennen. Ach ja, woher soll man sowas auch nach zwanzig Jahren RaR/RiP wissen … Das hatte Southside-Niveau, und das ist schlecht. Ganz schlecht. 🙁

Aber zum Glück ist dieses Mal alles gutgegangen, und vielleicht lernen die Veranstalter bis nächstes Jahr. Wenn nicht, ist es nicht zu entschuldigen.

Zurück zu den Ärzten. Ich fand das Konzert völlig unspektakulär – hängengeblieben ist bei mir eigentlich nur, dass tatsächlich Angekumpelt gespielt wurden (YAY!) und dass Bela immer wieder blöd über “Rock im Heim” rumgewitzelt hat. Mehr WEISS ich nicht mehr vom Konzert. Und das liegt garantiert nicht an dem einen Radler, den ich mir nach der Flucht aus dem Wellenbrecher gönnen konnte (im vorderen Bereich gab’s tatsächlich nicht mal Bier!). Diese Band interessiert mich einfach nicht mehr, und das ist einerseits total schade, andererseits interessiert es mich so wenig, dass es mir echt egal ist. Mich erschreckt es nur ein bisschen, dass ich – als Konzertjunkie – nach 98 Konzerten nicht das kleinste bisschen Ehrgeiz habe, die 100 vollzumachen …

Franz Ferdinand danach an der “kleinen” Bühne (“klein” in Anführungszeichen, weil diese Bühne ungefähr dreimal so groß war wie die Hauptbühne beim Taubertal *g*) waren ein netter Abschluss des Tages, zumal relativ wenig los war und man vorne seitlich quasi direkt vor die Bühne laufen konnte.

Der nächste Tag galt dann SYSTEM. Alles andere war mir eigentlich egal – im wunderschönen Wetter und strahlendem Sonnenschein war aber der gesamte Tag sehr nett, auch wenn mich musikalisch nichts vom Hocker riss. Tenacious D kannte ich vorab gar nicht und wusste nur, dass die von allen total gehyped werden. Aber: super! Gefiel mir echt gut, und zumindest ein paar Lieder werde ich mir wohl anschaffen müssen. Es war definitiv amüsant.

Und dann System of a Down! Ich hatte sie vorher schon zweimal gesehen – einmal beim Southside mit katastrophalen Sicherheitsvorkehrungen, wo ich vorsichtshalber ganz hinten geblieben bin, weder auf der Bühne noch auf der Leinwand etwas sehen konnte und die Musik von zwei Bühnen gleichzeitig gehört habe. Dafür war ich nicht von den gebrochenen Gittern betroffen … Dann vor zwei Jahren bei Rock im Park, was super toll war, aber ich war eigentlich zu weit weg und konnte die Texte nicht. Letzterem hatte ich dieses Mal vorgesorgt, und da der Wellenbrecher dann doch irgendwann zugemacht wurde, traute ich mich auch seitlich vorne rein. Und hatte mit meiner Ecke echt Glück! Es wurde mitgemacht, geschrien, getanzt, aber jeder für sich und ohne Geschubse, und das Pogopit knapp neben mir blieb auch knapp neben mir. Wunderbar! Und beste Sicht zur Bühne. System sind leider keine sonderlich tolle Live-Band, aber wenn man mit dem Wissen reingeht, ist man auch nicht enttäuscht – alle großen Lieder waren dabei, die Band hatte Spaß beim Spielen, das Publikum war absolut null aggressiv, dafür waren alle am Strahlen, und es war einfach ein tolles Konzert! Nur als am Ende dann die Circle Pits losgingen (zum Glück erst am Ende!), ging vorne gar nichts mehr – der Boden war völlig ausgetrocknet, und der komplette vordere Bereich verwandelte sich in eine einzige riesige Staubwolke. Urghs. Aber hach … SYSTEM!! Allein dafür hat sich das Festival voll und ganz gelohnt.

Casper an der kleinen Bühne war dann noch ein netter Ausklang, aber die Energie war bei mir langsam weg.

Der nächste Tag fing dann mit Regen an – also, so gegen 15 Uhr. *g* Zum Glück blieb es aber beim Nieselregen und schüttete nicht, und mittendrin wurde es auch wieder trocken. Hätte schlimmer sein können. Die Bands sagten mir diesmal alle was – richtige Highlights gab es aber erst mal nicht. Bei Kvelertak fragte ich mich ernsthaft, wer die überhaupt braucht und warum da nicht stattdessen Skambankt stehen … Es ist einfach nicht meine Musik. Ich hatte erwartet, dass das Publikum sie abfeiert, aber das war auch nur sehr begrenzt der Fall. Und bei den Ansagen hab ich ungefähr so viel verstanden wie von ihren Texten … es ist also offenbar wuppe, ob der Frontmann Norwegisch oder Englisch spricht, man versteht ihn in keinem Fall.

Heaven Shall Burn kamen dann deutlich besser an, und den Dauerlauf übers komplette Gelände (ursprünglich mal geplant als Circle Pit um den FOH-Turm) fand ich lustig. *g*

Dann war es endlich Zeit für Kraftklub, mit einem tollen Konzert wie immer. Die Jungs haben immer noch nicht kapiert, wie groß sie sind. “Oh, hier sind ja wirklich Leute vor der Bühne!” Und der Ausflug von Sänger Felix ins Publikum war sicher auch anders geplant – er hatte schwer zu kämpfen, um wieder zurück auf die Bühne zu kommen, opferte Schuhe und Socken und war danach sichtlich mitgenommen. Tja, das Leben als Rockstar wäre vielleicht einfacher, wenn man merken würde, dass man Rockstar ist. 😉 Aber wie gesagt: toller Auftritt, und wieder ein wunderbar begeistertes Publikum, wo es Spaß machte, mittendrin zu stehen. 🙂

Headliner am Sonntag waren dann Nine Inch Nails. Von denen war ich vor Jahren mehrfach sehr begeistert – diesmal sprang der Funke nicht wirklich über. Das kann einfach daran gelegen haben, dass es der dritte Festivalabend war; es war langsam aber sicher zu viel des Guten. Visuell macht NiN NIEMAND etwas vor, das war Weltklasse. Es wäre allerdings noch eindrucksvoller gewesen, wenn nicht ständig irgendwelche Beleuchter und Umbauhelfer auf der Bühne rumgekrabbelt wären. Musikalisch fand ich’s … langweilig. Schade! Das empfand offenbar auch nicht nur ich so, denn das Gelände war erschreckend leer. Und auch ich war mehrfach kurz davor zu gehen – schließlich hatte ich noch anderthalb Stunden Heimfahrt vor mir und musste am Montag wieder zur Arbeit. Aber im Hinterkopf hatte ich ständig “gleich kommt noch ‘Hurt’!” Und das war eine weise Entscheidung, denn als Hurt dann endlich kam, war das eines der Highlights – wenn nicht DAS Highlight – des Festivals! So toll, so viel Gefühl … hach. Einen besseren Festivalabschluss hätte es nicht geben können!

Und insgesamt? Mein Fazit ist voll und ganz positiv. Ja, es war das erste Mal für das Festival, dementsprechend lief vieles chaotisch ab. Nein, einige der Dinge, insbesondere die sicherheitstechnischen Kritikpunkte, sind nicht zu entschuldigen. Dennoch war es insgesamt einfach schön – alles lief friedlich und freundlich ab, die Menschenmassen verteilten sich auf dem Gelände, man kam immer problemlos dorthin, wo man hinwollte, Schlangen hielten sich in Grenzen und die Bands waren einfach toll. Und System of a Down und Nine Inch Nails sind halt doch eine andere Kategorie Headliner als Deichkind und Chase & Status – was letztere nicht schlecht macht, aber es ist einfach eine ganz andere Art von Festival. Und gar nicht mal eine schlechte …

10-12.08.2012 – Photos Taubertal-Festival (Rothenburg o.d. Tauber)

Tuesday, August 14th, 2012
10-12.08.2012 – Photos Taubertal-Festival (Rothenburg o.d. Tauber)

10-12.08.2012 Taubertal-Festival (Rothenburg o.d. Tauber)

Friday, August 10th, 2012
10-12.08.2012 – Photos Taubertal-Festival (Rothenburg o.d. Tauber)
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Taubertal-FestivalRothenburg ob der Tauber ist immer einen Wochenendausflug wert – und ganz besonders im August am Taubertal-Wochenende! 2002 war ich zum ersten Mal beim Taubertal-Festival; damals war alles noch eine Spur kleiner, die Bühnen standen anders, aber schon damals erklärte ich das Festival zu einem der schönsten, die ich je besucht hatte. Wunderschön gelegen im Taubertal mit Blick auf die historische Stadt, keine ellenlangen Wege zwischen den Bühnen, dafür spaßige Nachtwanderungen zum Campingplatz, “Es gibt nur einen Busfahrer”-Chöre im Bus in die Stadt und “Es gibt nur einen Bassisten”-Chöre nachts vorm Backstage (ja, wir waren jung und peinlich, aber es war lustig), die ganze Nacht über System of a Down von unseren Zeltnachbarn, und ganz viele liebe und nette Festivalbesucher mit lustigem Dialekt.

Gut, das mit dem Dialekt mag sich geändert haben, da das Festival mittlerweile Besucher aus ganz Deutschland anzieht, der Rest ist geblieben: Jedes Jahr ein fantastisches Line-Up, ein tolles Areal, solide Organisation und eine Infrastruktur, die zwar nicht mit ganz kleinen Festivals vergleichbar ist (bei der Menge an Besuchern ist es einfach unmöglich, jegliche Schlangen zu vermeiden), die aber immer funktioniert, egal ob bei 40°C im Schatten oder bei 15 cm Schlamm auf dem Gelände.

Taubertal-FestivalDieses Jahr bin ich zum siebten Mal beim Taubertal-Festival, zum fünften Mal in Folge, und auch wenn ich diesmal faul und bequem im Hotel schlafe statt im Auto auf dem Campingplatz, wird das Festival sicher genauso toll wie immer. Die Bands sind vielversprechend, das Wetter soll trocken und sommerlich bleiben, also auf ins Getümmel! Nur die Nachtwanderung werde ich wohl dieses Jahr vermissen … dafür kann ich mich vormittags noch schön mit Rothenburger Schneeballen eindecken. Warum gibt es die eigentlich nicht unten im Tal zu kaufen? Das wäre doch mal eine Marktlücke! Zumal das Festival doch mehr und mehr zum Image von Rothenburg beiträgt und mittlerweile, nach nunmehr 17 Jahren, auch voll und ganz in der Bevölkerung akzeptiert (und natürlich als Wirtschaftsfaktor geschätzt) wird.

Hier nun also mein Bericht. Fotos gibt es diesmal nur einige wenige, um die Stimmung vom Festival wiederzugeben; die Band-Fotos überlasse ich dann doch lieber den “echten” Fotografen. =;-)

“Ich habe Sauerkraut in meinen Lederhosen!” – Freitag, 10. August

Taubertal-FestivalWie immer wurde der Taubertal-Festivaltag von den Emergenza-Bands eröffnet. Als erste Band auf der Hauptbühne standen am Freitag Fiddler’s Green auf dem Programm – Folk-Rock aus Franken, ein perfekter Auftakt für das Festival! Für die Uhrzeit hatte sich schon eine beeindruckende Menge an Zuschauern vor der Bühne versammelt, die begeistert tanzten und im strahlenden Sonnenschein den Festivalbeginn feierten. Fiddler’s Green erklärten, dass der Sinn eines Festivals ja ist, maximalen Spaß zu haben; und dafür organisierten sie auch gleich mal ein Circle Pit und eine “Wall of Folk” – eigentlich dasselbe wie eine Wall of Death, nur mit weniger Gewalt und mit reinem Seitentauschen statt in der Mitte aufeinander einprügeln. Die Lieder musste man nicht kennen, um bei diesem Auftaktkonzert Spaß zu haben, die Stimmung war sofort super.

Als nächste Band waren Sondaschule an der Reihe. Es war offensichtlich, dass sich vor der Bühne die Fans eingefunden hatten – überraschend war, dass außer in den vorderen Reihen relativ wenig los war. Obwohl der Ska-Punk von Sondaschule doch perfekt zum Wetter passte und voll und ganz zum Tanzen einlud … Vor der Bühne passierte auch genau das, sodass sich sofort riesige Staubwolken entwickelten. Für Sondaschule eine Überraschung, da es doch sonst immer regnet beim Taubertal-Festival – “oh, es staubt wieder im Taubertal?” Na, sehr viel lieber Staub als Schlamm! Zusätzlich zu einigen neuen Liedern, inklusive der neuen Single “Es ist wie es ist”, bekamen wir noch ein Rancid-Cover zu hören. So etwas ist bei Festivals ja immer ein super Eisbrecher, so auch hier. Ein toller Auftritt!

Taubertal-FestivalUnd genauso ging es auch weiter – Royal Republic sind als tolle Live-Band bekannt! Und sie stellten das auch unter Beweis, allerdings brauchten die Schweden einige Lieder, um warm zu werden. Zu Beginn ließ der Sound zu wünschen übrig, und so ganz schien der Funke nicht überzuspringen. Sobald sie aber die Hits ihres Debütalbums auspackten, wurde klar, woher sie den Ruf als überragende Liveband haben: Da wurden Drum-Solos zelebriert, mit allen Rockstarklischees gespielt (aber immer sympathisch an der Grenze zu gespielt arrogant – typisch skandinavisch eben), und natürlich das Publikum mit einbezogen in die typischen Publikumsspielchen, links gegen rechts und jetzt alle zusammen … Und auch hier wurden mit Ace of Spades auch die bedient, die vorher keine Royal-Republic-Lieder kannten. Die sich nun aber sicher das bald erscheinende Album besorgen werden!

Ich muss gestehen, mit den darauffolgenden Broilers konnte ich verhältnismäßig wenig anfangen – mir ist bewusst, dass sie ein Urgestein des deutschen Punkrocks sind, aber an mir sind sie relativ vorbeigegangen. Aber das sollte sich ja heute ändern! Vor der Bühne war ordentlich was los, und es war auffällig, dass überall im Publikum mitgesungen wurde, also nicht nur ganz vorne, sondern auch weiter hinten und überall auf dem Hang. Klasse! Die Broilers sorgten sich auch um ihr Publikum und achteten darauf, dass es vorne nicht zu eng wurde, und genauso am Hang: “Kugelt doch alle mal da runter, sodass es hier vorne noch enger wird!” Bei anderen Festivals absolut verboten, hier von der Band gefordert: Alle, die sich mögen, sollen sich auf die Schultern nehmen – ein einzigartiger Anblick!

Taubertal-FestivalMittlerweile war das Gelände sehr gut gefüllt, und dementsprechend wurde langsam auch die kleine Bühne mehr und mehr beachtet. Dort spielten im Anschluss an die Broilers Templeton Pek – mir bekannt von ihrer Tour als Vorband von Itchy Poopzkid, aber offenbar haben sie sich mittlerweile noch deutlich mehr Popularität erspielt. Für die kleine Bühne war recht viel los, und die Stimmung war gut: Es wurde ordentlich gepogt und getanzt, und das komplette Moshpit verschwand in einer riesigen Staubwolke. Dennoch wurde die Band abgefeiert, und sie heizten das Publikum mit ihrem Punkrock auch gut an.

Wieder auf der Hauptbühne waren nun The Wombats an der Reihe. Eine der wenigen echten Charts-Bands, und dementsprechend war jetzt auch ein Großteil der Festivalbesucher vor Ort. Es war aber offensichtlich, dass hier eher “gepflegtes Interesse” vorherrschte als wirkliche Begeisterung – vorne waren natürlich die Fans versammelt, wie nicht anders zu erwarten, aber sonst wurde doch eher auf die Hits gewartet. Die Wombats lieferten ihren Alternative-“Brit-Pop”, sehr professionell, unterhaltsam, aber für mich ohne den zündenden Funken. Wie beim letzten Mal, als ich sie live gesehen habe, war ich nicht vollends überzeugt, auch wenn die Hits natürlich richtig gut ankamen.

Leider bekam ich von Yellowcard im Anschluss nur ein paar Minuten mit, da ich vorher mit meinem Bericht beschäftigt war. Schade! Ich hatte sie letztes Jahr beim Gampel gesehen, und ohne vorher von ihnen gehört zu haben, war ich begeistert. Und die zwei Lieder diesmal reichten aus, um den Eindruck wieder zu bestätigen: Eine wunderbar energievolle Band mit eingängigen Liedern, die sich außerdem auch durch den Geiger auf der Bühne von anderen Bands abhebt. Und die Tatsache, dass der dann mittendrin auch einfach mal so ein Salto macht, zeigt wohl, dass Yellowcard eine tolles Live-Band sind! Das Publikum wusste das zu würdigen – vor der Sounds-for-Nature-Bühne war richtig viel los. Zum Teil lag das sicher daran, dass jeder vom Einlass aus dort vorbei musste, aber dass viele der Zuschauer dort “hängenblieben”, das lag natürlich an der Band!

Taubertal-FestivalDann war es Zeit für den Headliner: Placebo! Los ging’s gleich mit beeindruckender Light-Show und großen “Placebo”-Laufschriften; gefolgt von einem grandiosen Auftritt mit alten und neuen Liedern. Sänger Brian Molko machte alle Ansagen konsequent auf Deutsch (und zwar überraschend gutem Deutsch!), und das, obwohl er behauptete, sein Deutsch sei doch eher eingeschränkt: “Ich kann nicht viel Deutsch sprechen, aber ich kann sagen: Ich habe Sauerkraut in meinen Lederhosen!” Insgesamt fand ich es allerdings schwierig, die Stimmung einzuschätzen. Ich selbst fand das Konzert grandios – um mich rum herrschte aber eine ziemliche Gleichgültigkeit. Der halbe Hang saß noch (beim Headliner!), zu Beginn gab es sogar kurz “Hinsetzen”-Rufe – was aber zum Glück keiner der “Steher” befolgte. Die Menschenmenge vor der Bühne war eindrucksvoll, und es gab ordentlich Applaus. Dennoch fand ich die Stimmung recht ruhig; es wurde kaum mitgemacht oder -geklatscht. Das kann aber auch mein Eindruck gewesen sein, da ich recht weit hinten stand und sich die Stimmung bis dort vielleicht einfach ein bisschen verlor. Interessant fand ich es, als Molko das Publikum abwechselnd zum Jubeln animierte, was vorne dem Eindruck nach auch gut funktionierte, was man weiter hinten aber gar nicht richtig mitbekam. Fakt ist jedenfalls, dass Placebo ein extremst beeindruckender Headliner war, mit einer Wahnsinnspräsenz und -stimme von Brian Molko!

Taubertal-FestivalAls letzte Band des Abends spielten nun Kraftklub auf der kleinen Bühne. Ich hatte bis kurz vorher nicht entschieden, ob ich mir dieses Konzert ansehen wollte oder nicht – Kraftklub will man zwar natürlich nicht verpassen, ich erwartete aber ein furchtbares Chaos und Gedrücke. Kurzentschlossen machte ich mich dann doch ein paar Minuten vor dem Ende von Placebo auf den Weg zur kleinen Bühne, um zu sehen, wie überfüllt es denn ist, und konnte mich nach ganz rechts vorne durchschlängeln. Dort war zwar (verständlicherweise) der Sound grausam, dafür war es dort vom Gedränge her absolut erträglich. Ich kann also nicht berichten, wie voll es wirklich war – es sah teilweise recht übel aus, aber laut Kraftklub wurde das Gelände schon vor dem Ende von Placebo abgeriegelt. “Einlassstopp! Ihr müsst also für die mit abgehen, die sich Placebo zu Ende angeguckt haben!” Und das tat das Publikum! Zu Beginn waren Kraftklub zwar ein wenig skeptisch – die Taubertal-Besucher seien doch eher mittelmäßige “Klätscher” – aber zum Ende hin waren sie voll und ganz überzeugt, spätestens, als das Publikum ohne jegliche Aufforderung von selbst anfing, “Scheiß in die Disko” zu singen. Vom poppenden Pärchen auf dem Hang neben der Bühne bekam die Band offenbar nichts mit, das hätte sonst sicher noch amüsante Kommentare gegeben, aber auch so wurde zwischen den Liedern viel gequatscht und in den Liedern gerockt. Der perfekte Abschluss für den ersten Festivaltag!

Übrigens stimmte es, dass das Gelände um die kleine Bühne zum Konzertbeginn von Kraftklub abgeriegelt werden musste; aber schon nach drei oder vier Liedern hatte sich die Situation entspannt, sodass der Einlass wieder freigegeben werden konnte. Das befürchtete Chaos blieb also aus, auch wenn natürlich einige Fans den Auftritt leider nicht mitverfolgen konnten.

“Sitting on your bed watching YouTube is not gonna replace a live concert!” – Samstag, 11. August

Taubertal-FestivalIm letzten Jahr eröffneten die Monsters of Liedermaching das Festival, diesmal waren sie die erste Band am Samstag. Überraschenderweise wirkte es so, als wäre weniger los als bei Fiddler’s Green am Freitag – vielleicht täuschte der Schein und es kamen im Laufe der Show noch mehr Zuschauer, aber auch wenn nicht, tat es der Stimmung keinen Abbruch. Wie immer witzelten die Monsters sich durch ihr Programm, das Publikum (inklusive Hügel) war voll und ganz dabei, und es gab einen bunten Mix aus alten Hits und Liedern vom neuen Album “Schnaps & Kekse”, das passenderweise gestern erschienen ist. Dafür wurde natürlich ordentlich Werbung gemacht, denn: “Wir haben gerade ein Sommerloch in den Charts, und wenn ihr alle hier die Platte kauft, dann sind wir auf Platz eins!” – oder zumindest irgendwas mit eins, es könnte auch 101 sein … Natürlich wurden Hang, Hügel und VIP-Tribüne gegeneinander ausgespielt, nur um sie nachher allesamt wieder zu vereinen: “Wir sind doch alle eine große Familie!” Und das stimmte – beim letzten Lied sprang sogar der Hügel wie aufgefordert auf und tanzte kurz mit. Toll!

Taubertal-FestivalNach ein bisschen Emergenza und viiiieeeel Staub vor der kleinen Bühne ging’s auf der großen weiter – nicht nur mit dem Staub, sondern natürlich mit Skindred! Eine wunderbare Live-Band … ich kann ja eigentlich nichts mit Hardcore anfangen, aber “Hardcore-Reggae” ist noch mal was ganz anderes! Harte Musik, dazu melodischer Gesang, und das Ganze mit einer Energie, bei der man einfach mittanzen muss. Zu Beginn war noch nicht allzu viel los, bis auf die vor der Bühne versammelten Fans – aber Skindred erspielten sich problemlos ihr Publikum! Am Ende war gute Laune überall, und alle stimmten mit Skindred überein, dass “Sitting on your bed watching YouTube is not gonna replace a live concert!” Der Frontmann verstand es bestens, das Publikum zu “beschimpfen” und so noch mehr anzupeitschen, nur um kurz darauf zu erklären, wie toll die Stimmung auch auf der Bühne ankommt. Nur Beyoncé mitsingen, das geht ja gar nicht (auch wenn sie doch selbst das Lied eingespielt haben!): “I’m fucking disgusted with you guys singing Beyoncé! Don’t you like your music with guitars?” Und klaro – das kam natürlich noch viel viel besser an! Ein klarer Triumphzug; viele, die Skindred bisher nicht auf dem Schirm hatten, werden den Namen sicher in Erinnerung behalten.

Bei den H-Blockx waren die Voraussetzungen natürlich ganz andere – die sagten wohl so ziemlich jedem etwas! Ich habe bei ihnen schon sehr unterschiedliche Konzerte erlebt; manche eher durchwachsen, andere klasse. Ihr Konzert beim Taubertal gehörte ganz klar zu den tollen Konzerten! Insbesondere die Hits wurden vom Publikum tierisch abgefeiert, aber auch sonst war die Stimmung super. Frontmann Henning Wehland wirkte ernsthaft gerührt: “Es ist wichtig, dass man sich nach 22 Jahren auch mal wieder richtig wie ein Rockstar fühlen kann – danke dafür!” Taubertal-FestivalUnd außerdem versprach er noch, dass die nächste H-Blockx-Tour ausschließlich auf dem Taubertal stattfinden würde – das sagt vermutlich alles über die Stimmung aus, oder? Zum Abschluss gab es noch “Ring of Fire” – wobei für das zugehörige Circle Pit vor der Bühne wohl die Bezeichnung “Ring of Dust” besser gepasst hätte …

Nachdem auf der kleinen Bühne ZSK die Menge begeistert hatte, war es Zeit für Madsen. Die sind ja gerne mal als “Mädchenband” verschrien, und ich muss gestehen, dass auch ich immer wieder darauf reinfalle und daher ein ruhiges Konzert erwartete. So hatte ich es mir gerade auf dem Hang bequem gemacht, als Madsen gleich mit “Du schreibst Geschichte” loslegten – und rockten! Lang hielt es mich daher nicht auf dem Hügel … Es wurde auch sehr schnell voll vor der Bühne, und vermutlich wurde jeder, der wie ich die Band immer wieder unterschätzt, schnell eines Besseren belehrt. Und ich hatte das Gefühl, dass sie durch den zusätzlichen Live-Gitarristen auch noch einmal eine Schippe Rock draufgelegt haben. Dafür spielten sie aber recht viel Neues, was der Stimmung nicht unbedingt gut tat – “Lass die Musik an” kam super an, da es ein richtig guter Stadionrocksong ist und außerdem auch schon bekannt, die anderen neuen Lieder klangen zwar auch vielversprechend, wurden aber nicht so sehr abgefeiert. Nett die Überraschung beim Hit “Die Perfektion”, wo Sänger Sebastian und Schlagzeuger Sascha kurz die Plätze tauschten – so bleiben auch alte Songs interessant! Wie gut Madsen beim Publikum insgesamt ankamen, konnte man beim letzten Lied sehen, als sie sich beim Hang entschuldigten: “Ich müsst dann auch mal aufstehen, tut uns leid!” – und der KOMPLETTE Hang stand auf. Wahnsinn!

Taubertal-FestivalIch war vorab sehr gespannt auf den Auftritt von Bush. Vor 15 Jahren hatte ich sie bei Rock am Ring gesehen, mich in ihr Album verliebt, sie danach aber komplett aus den Augen verloren. Dementsprechend kannte ich verhältnismäßig wenige Lieder – und dennoch war der Auftritt sehr eindrucksvoll. Schade war, wie wenige Zuschauer vor der Bühne waren – für den Co-Head war es doch sehr leer. Der Hang war gefüllt, aber das Konzert war da nur Nebensache. Zumindest zu Beginn! Denn Gavin Rossdale wusste, wie er ein Publikum für sich begeistern kann, und zog alle Register. Als er mittendrin für ein Lied die Gitarre ablegte und sich stattdessen ein Funkmikro schnappte, machte er einen “kleinen” Ausflug ins Publikum – einmal quer über den ganzen Hügel, besoffene Schläfer aufwecken, dann quer durchs ganze Gelände auf die Rollstuhltribüne und zurück auf die Bühne. Die Security kam kaum hinterher, und alle Umstehenden waren voll und ganz begeistert. Klasse! Und danach stand dann auch der Hang: “I found a way to get you guys to stand up!” Dementsprechend war die Stimmung am Ende grandios – es mag ein ziemlicher Arbeitssieg gewesen sein, aber es war ein klarer Sieg. Das erklärte auch Frontmann Rossdale: “This is way better than I expected – not sure what I expected, but this is definitely better!”

Taubertal-FestivalOb nun Bush oder The Boss Hoss der eigentliche Headliner des Abends waren, darüber kann man sich sicher streiten. Die letzte Band des Abends waren jedenfalls The Boss Hoss. Sie fuhren eine Texas-Country-Show auf, im kompletten Outfit, mit texanischem Akzent und konsequent englischen Ansagen. Im Vergleich zu anderen Headlinern war allerdings relativ wenig los – vor der Bühne war es gut voll, aber weiter hinten und am Hang war doch viel Platz. Auch die Stimmung war eher ruhig, so ganz konnte die Musik von The Boss Hoss nicht zünden. Ich persönlich hätte auch zumindest ein paar der alten Coverversionen bekannter Lieder erwartet – so kannte man nur sehr wenig, und das wirkte sich natürlich auf die Stimmung aus. Außerdem war es, trotz des schönen Sommerwetters tagsüber, am Abend doch recht kalt und unangenehm – kein Wunder, dass sich viele schon in ihre Zelte verkrochen hatten.

Wie immer wurde der Abend auf der Sounds-for-Nature-Bühne beendet. Dort lieferten Bonaparte ihre abgefahrene Zirkus-Show ab – äußerst energievoll, mit wilden Kostümen und einem Haufen Action auf der Bühne. Diesmal war es nicht allzu überfüllt; vermutlich waren die meisten Besucher wirklich schon auf dem Zeltplatz. Dennoch konnten Bonaparte sich nicht über mangelndes Publikum beklagen, und sie feierten eine begeisterte – und begeisternde! – Party.

“Alle Hände machen klatsch, auch die Sitzhände!” – Sonntag, 12. August

Taubertal-FestivalWie schon die anderen beiden Tage fing auch der Festivalsonntag mit einer absoluten Stimmungsband an: Russkaja kommen zwar nicht wirklich aus Russland, sondern aus Österreich, aber der “Ska”-Teil des Namens stimmt dafür absolut. Das allein reicht eigentlich schon, um ein partyhungriges Festivalpublikum zum Tanzen zu bringen; wenn dazu dann aber auch noch Aufforderungen wie “Alle Hände machen klatsch, auch die Sitzhände!” kommen und das Publikum zum “Traktor” aufgefordert wird – die vegetarische Alternative zur Stierhatz von Pamplona, in Russland läuft man statt vor Stieren halt vor Traktoren weg – dann bleibt keiner mehr ruhig stehen!

Genauso ging es dann natürlich auch bei Panteón Rococó weiter. Diesmal kam der Ska aus Mexiko, und im strahlenden Sonnenschein wurde weiter getanzt! Ich hätte zwar insgesamt mehr Publikum erwartet, aber die, die schon auf dem Festivalgelände waren, hatten offensichtlich einen Heidenspaß. Panteón Rococó heizten unter anderem mit einer Ska-Coverversion von “Krawall und Remmidemmi” ein und ließen das Publikum von einer Seite auf die andere und wieder zurück marschieren, was wunderbar aussah – und den Beteiligten mindestens genauso viel Spaß machte wie den Zuschauern.

Taubertal-FestivalDirekt im Anschluss daran wurden auf der Sounds-for-Nature-Bühne die Emergenza-Gewinner verkündet. Zufällig hatte ich genau die ersten beiden Gewinnerbands gesehen – mir persönlich hatte zwar der 2. Sieger besser gefallen, der 1. Sieger konnte aber kurz darauf auf der Hauptbühne beweisen, dass sie würdige Gewinner waren. Hurricane Love aus Schweden spielten eingängige Popmusik – man könnte jetzt das böse Wort “Kommerz” erwähnen, aber das wäre sicher nicht fair. Ihr Auftritt auf der kleinen Bühne konnte beeindruckend viele Zuschauer halten, das zeugt klar von ihren Qualitäten, und auch wenn sich wie (leider!) gewohnt doch recht wenige Besucher für ihr Sieger-Konzert auf der Hauptbühne interessierten, machten sie da klar, dass ihre Lieder einen ziemlichen Wiedererkennungswert haben und auch im großen Rahmen absolut funktionieren!

Weiter ging es dann aber mit dem absoluten Kontrastprogramm: Heaven Shall Burn waren an der Reihe. Wie schon erwähnt kann ich mit Hardcore nicht wirklich etwas anfangen, und mit Metalcore noch weniger … Daher bin ich sicherlich die Falsche, um den Auftritt qualitativ zu bewerten – ich könnte höchstens sagen, dass die Jungs schicke Hemden und einen lustigen Dialekt hatten, aber das ist wohl wenig objektiv. Ganz objektiv war es aber mehr als eindrucksvoll, dass Heaven Shall Burn tatsächlich einen Circle Pit über das gesamte Gelände zustande brachten – und ich meine das gesamte Gelände inklusive Hang! Wahnsinn, wie eine Horde von Menschen den Hang hinauf und einige Meter weiter wieder runterjoggte. Die Stimmung war also bestens!

Zumindest bei denjenigen, die mit Metalcore etwas anfangen konnten; die anderen fanden zu der Zeit an der kleinen Bühne ein tolles Alternativprogramm. Taubertal-FestivalAls dritte des Emergenza-Festivals durften dort noch einmal Rhys Crimmin & The Toms spielen. Die Australier spielten tanzbaren “Aussie-Folk” mit Kontrabass, Geige, Akustikgitarre und Didgeridoo und kamen sehr gut an.

Auch die darauffolgenden Vize-Sieger, The Joking aus Frankreich, wussten zu begeistern. Es gab Old-School-Rock’n’Roll, und das Publikum tanzte! Nur das Mitsingen klappte nicht ganz so, wie von der Band beabsichtigt – das könnte aber auch an gewissen Kommunikationsschwierigkeiten gelegen haben. Ich brauchte auch ein bisschen, um ihre Frage “Are you ‘ot?” zu verstehen … Das änderte aber nichts daran, wie toll ihre Musik und die Show (inklusive Tanzeinlage am Ende) war.

Auf der Hauptbühne läuteten nun Social Distortion die Endphase des Festivals ein. Die Band rund um Mike Ness war von vielen heiß erwartet worden; allerdings wirkte es so, als wäre ihr Auftritt zwar absolut massentauglich, aber nicht unbedingt “massenbegeisternd”. Vor der Bühne waren klar die Fans versammelt, und auch wenn weiter hinten alle durchaus interessiert schienen, gab es da überraschend wenig vollauf begeisterte Die-Hard-Fans. Der solide, super gespielte Rock konnte sicher dennoch alle überzeugen – und zum Abschluss gab es dann sogar zum zweiten Mal bei diesem Festival den “Ring of Fire” zu hören.

Taubertal-FestivalHeadliner des Tages waren die Beatsteaks. Ich muss gestehen, dass ich sehr skeptisch war, wie sie als Headliner funktionieren sollten – klar, sie haben in den letzten Jahren eine riesige Popularität erlangt, aber kann man sie deshalb in eine Klasse mit Placebo stecken?! Oh ja, man kann, das bewiesen sie mit ihrem Auftritt voll und ganz. Natürlich war das Beatsteaks-Konzert absolut nicht mit dem von Placebo zu vergleichen, aber vom Spaß- und Feierfaktor her hatten die Beatsteaks vielleicht sogar die Nase vorne. Gleich mit zwei Schlagzeugern, Arnims typisch berlinerischem Gequatsche zwischen den Songs und einem Haufen Publikumsinteraktion (von einfachem Mitsingen über La Olas, Hinsetzen und auf die Schultern nehmen war alles dabei) schafften sie es, das komplette Publikum zu fesseln, nicht nur den vorderen Bereich – so viel Bewegung war auf dem Hang und hinten bei den Bierständen bei den anderen Headlinern definitiv nicht: “Können die auf dem Hang eigentlich auch springen, oder haut’s euch dann nach unten weg?” Vorne regnete es nur so Crowdsurfer (was wohl weder der Security noch den Zuschauern in den ersten Reihen so furchtbar gut gefallen haben dürfte), und im Publikum wurden mittendrin mehrfach Bengalos angezündet; die wurden dann aber immer schnellstens (und mitsamt dem Anzünder) nach draußen verfrachtet. Und auf der Bühne lieferten die Beatsteaks derweil alle ihre Hits sowie ein paar Perlen ab – wunderbar. Arnim brachte es zum Abschluss auf den Punkt: “Wegen genau diesen Abenden machen wir Musik!”

Und wegen genau diesen Abenden lieben wir Musik. Danke Beatsteaks, danke Taubertal!

… und sonst?

Taubertal-FestivalViel hat sich nicht geändert beim Taubertal – der Tal-Campingplatz wurde in ein “Green Camping” umgewandelt, was mitten in der Natur natürlich äußerst sinnvoll ist und gut angenommen wurde; auch im nächsten Jahr soll es wieder ein Green Camping geben. Das Gelände an sich war unverändert (wobei ich das Gefühl hatte, dass die Absperrung vom Hang zur Bühne dieses Mal ein wenig weiter weg von der Bühne stand, das kann ich aber nicht sicher sagen). Die Kamera vor der Hauptbühne, die ich im letzten Jahr als sehr störend empfunden hatte, war diesmal nach unten verlagert, sodass man sie fast nicht wahrnahm – sehr gut, denn die Bilder sind dadurch sicher nicht schlechter, aber das Publikum wird weniger gestört. Die Anreise und die komplette Abwicklung lief absolut problemlos, alle kleinen Probleme und Wehwehchen scheinen also mittlerweile behoben zu sein, und die Zahl der Sanitätseinsätze blieb deutlich unter der der Vorjahre. Überschattet wurde der Festivalbeginn durch einen Unfall im Steinbruch am frühen Freitagmorgen, bei dem ein Besucher abstürzte – nachdem er Absperrgitter überkletterte. Ganz klar ein Schock für den Veranstalter, auch wenn es natürlich streng genommen unter “eigene Blödheit” verbucht werden muss.

Taubertal-FestivalNicht genug gelobt werden kann der tolle Hang an der Hauptbühne – auf welchem anderen Festival hat man einen solch tollen Blick auf die Bühne? Und dazu kann man bei schönem Wetter entspannt auf dem Boden sitzen und gleichzeitig die Auftritte der Bands mitverfolgen. Das bringt einerseits jeder Band mehr Zuschauer – diejenigen, die sonst noch auf dem Zeltplatz “abhängen” würden, können das genauso gut auf dem Hang tun. Andererseits sorgt es auch dafür, dass man immer ein Plätzchen findet, von dem aus man das Geschehen auf der Bühne gut mitverfolgen kann; nicht wie bei anderen Festivals, wo man ganz früh da sein muss, um einen halbwegs akzeptablen Platz zu ergattern. Angenehm sind auch die relativ lockeren Regeln; die Tatsache, dass man bis zu einem Liter Nicht-Alkoholisches im Tetrapak oder PET mitnehmen darf, lässt die Zuschauer natürlich früher aufs Festivalgelände kommen. Sich bei anderen auf die Schultern zu setzen wird geduldet, genau wie Crowdsurfing (auch wenn das offiziell verboten ist); das alles sorgt dafür, dass sich Securities und Zuschauer im Allgemeinen bestens verstehen und das Miteinander sehr locker und sympathisch abläuft. Auch das trägt zur tollen Stimmung des Festivals bei!

Taubertal-FestivalZum ersten Mal in der siebzehnjährigen Geschichte verlief das Festival ohne einen Tropfen Regen. Sehr angenehm! Auch wenn fehlender Schlamm natürlich zur Folge hat, dass der trockene Boden staubt … Hin und wieder wurde der Bereich vor den Bühnen gewässert, was viel half, und sonst sorgte der Staub beim tanzenden Mob vor der Bühne halt für die gehörige Festivalbräune. =;-)

Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt – der Haupteingang am hinteren Ende des Festivalgeländes ist für alle Tagesbesucher und “Berg-Camper” ein wenig störend, da man erst einmal ums Gelände herum muss, dafür sorgt dieser Einlass aber dafür, dass auch die “kleine” Sounds-for-Nature-Bühne mehr frequentiert wird. Diese ist ja nachmittags für die Emergenza-Bands reserviert, die im Allgemeinen unbekannt sind, dennoch aber ein Publikum verdient haben. Es ist ein bisschen schade, dass sich die Emergenza-Auftritte mit denen auf der Hauptbühne überschneiden; allerdings ist es anders natürlich nicht machbar. Taubertal-FestivalEs sei aber jedem ans Herz gelegt, die Emergenza-Konzerte nicht einfach zu ignorieren: Durch die kurze Spielzeit kann man so viele kleine Bands in kompakten Auftritten für sich entdecken und sie zusätzlich natürlich auch noch unterstützen! Eine tolle Chance für die jungen Bands aus den verschiedensten Ländern, für die das Emergenza-Finale immer eine tolle Erfahrung (und natürlich eine super Chance zum Kontakteknüpfen!) ist.

Wie immer also ein wunderbares Festival – diesmal mit Staub statt Schlamm, Sommerwetter am Tag und herbstlicher Kälte nachts, aber wie immer mit toller, sehr abwechslungsreicher Musik und entspannter Atmosphäre. Für 2013 sind bisher keine großen Neuerungen geplant. Viele Bands sind schon so gut wie gebucht, und wir können uns auf “viele Bekannte” und “abwechslungsreiche Headliner” freuen – und das tun wir natürlich!