Mega! Mega!
04.08.2012 – Photos Mini-Rock-Festival (Horb am Neckar)
Sunday, August 5th, 201203-04.08.2012 Mini-Rock-Festival (Horb am Neckar)
Saturday, August 4th, 2012Das erste Wochenende im August – seit einigen Jahren fest reserviert für das Mini-Rock-Festival in Horb! Bisher habe ich es an drei unterschiedlichen Orten erlebt: der erste winzig, ziemlich improvisiert (Parken? Na, irgendwo an der Straße halt!), aber eine tolle Atmosphäre. Der zweite deutlich größer, Parken jwd mit Shuttle-Bus, dafür das Gelände deutlich größer, aber eigentlich genau wie das “alte” Gelände, schön übersichtlich; und auch hier wieder “professionelle Improvisation” und eine tolle Stimmung. Das dritte Gelände, erstmals mit zwei Bühnen, auch recht groß aber ziemlich verwinkelt, ist im letzten Jahr komplett “abgesoffen” und hat sich in ein Schlammbad verwandelt. Und dennoch: die Stimmung war super, die Orga rettete, was zu retten war, und die Zuschauer zuckten mit den Schultern, seufzten einmal tief und warfen sich dann halt in den Schlamm. 😉
Der Blick auf den Wetterbericht dieses Jahr sagte: Hmm. Kann gutgehen, kann auch schiefgehen. Auf jeden Fall sollte es sommerlich werden – und die Gewitterregen hatten wir ja letztes Jahr alle, die können diesmal doch auch an Horb vorbeiziehen, oder? Und der Wettergott hatte diesmal ein Einsehen: Es blieb bis auf einen kurzen Guss direkt nach dem letzten Headliner trocken, war wunderbar warm und sonnig, aber nicht zu heiß – perfektes Festivalwetter! Und selbst wenn es geregnet hätte – die Organisatoren hatten volle Arbeit geleistet: Der komplette Boden vor der Hauptbühne und dem Zelteingang war mit Platten ausgelegt, sodass da nichts verschlammen kontte. Und auch die Zeltbühne bzw. das komplette Zelt hatte einen Holzfußboden bekommen.
Sonst hatte sich vom Aufbau her kaum etwas verändert – einige andere Stände und Sponsoren natürlich, die Ausfahrt führte nicht mehr am Haupteingang vorbei sondern auf Feldwegen durch die Pampa, und das Pressezelt war einfacher zu finden. 😉 Die Atmosphäre war auf jeden Fall immer noch “typisch Mini-Rock” – man kommt hin, fühlt sich wohl, und selbst wenn man kaum eine Band kennt, kriegt man ein wunderbar unterhaltsames Musikprogramm.
Auf der Hinfahrt überlegte ich, welche Band denn noch mal an welchem Tag spielte – für mich persönlich war das Line-Up in diesem Jahr vorab ein wenig “durchwachsen”, da es wenige echte Highlights enthielt. Kraftklub und Itchy Poopzkid sind natürlich klasse, die sieht man aber auch bei anderen Festivals. Yakuzi sind immer gut, und auf Wirtz freute ich mich auch sehr. Vom restlichen Line-Up kannte ich natürlich einige Namen, aber das waren alles keine Bands, auf die ich besonders “hingefiebert” hätte. Was aber auch nicht schlimm war – gerade beim Mini-Rock habe ich schon so viele neue Bands entdeckt, die ich mir sonst nie angehört hätte, die aber durch tolle Konzerte voll und ganz überzeugt haben. Daher war ich auch absolut nicht abgeschreckt, als ich unterwegs zum Ergebnis kam, dass außer Yakuzi alle meiner “Wunsch-Bands” erst am zweiten Tag dran waren. Also fing alles ganz entspannt mit viel neuer Musik an!
“Ist ja mehr so ein Hip-Hop-Festival hier, oder?” – Freitag, 3. August
Nachdem ich TOS leider nur aus der Ferne beim Schlangestehen gehört habe (was schade war, denn das klang sehr vielversprechend, und die fünf Minuten, die ich dann noch zu sehen bekam, ließen vermuten, dass die Jungs ein tolles Konzert abgeliefert haben – keine Frage, wenn sie sich schon mit Glitzergirlanden-Kanonen verabschieden), waren Heißkalt im Zelt mein Festivalauftakt. Und zwar ein sehr vielversprechender Auftakt! Die “Lokalmatadoren” aus Stuttgart erinnerten mich stimmlich ein bisschen an Wirtz, kamen aber noch deutlich punkiger daher. Im Zelt ging es für die frühe Uhrzeit sehr turbulent zu – schon gleich zu Beginn landete ein Crowdsurfer im Graben, und die Band hatte offenbar ihre Fans für die vorderen Reihen mitgebracht. Eindrucksvoll, aber auch voll verdient, denn hier passten die Texte, die Musik und die Show – ob das nun ein trommelnder Bassist war, ein Gitarrist, der Jimi-Hendrix-like die Saiten mit der Zunge zupft oder die Aufforderung zur Wall of Death; es gab auf jeden Fall nicht nur einiges zu hören, sondern auch zu sehen. Der perfekte Einstieg!
Auf der Hauptbühne waren danach Kellermensch dran. Sagte mir gar nichts – umso überraschter war ich, als auf der Bühne dann ein Kontrabass und eine Orgel stand und angekündigt wurde, dass die Herren aus Dänemark kommen. Da stiegen die Erwartungen doch um einiges! Allerdings leider ein bisschen zu hoch … Kellermensch lieferten eine extravagante Show ab; zusätzlich zum Kontrabass gab’s auch noch eine Geige, der Organist begab sich mittendrin Screamo-mäßig ans Mikro, und sie versuchten sich an einer Art “melancholischem Metall”. Aber es zündete nicht. Vor der Bühne herrschte gähnende Leere, der Frontmann wirkte äußerst angespannt, und Interaktion mit dem Publikum gab es quasi nicht. Schade – da wäre viel mehr Potential dringewesen; allerdings passte vermutlich auch das Publikum nicht. Mal abgesehen davon, dass der Großteil des Publikums zu dem Zeitpunkt wohl auf dem Campingplatz weilte. 😉
Auch danach zeigte sich, dass die Hauptbühne am Nachmittag nicht unbedingt der bessere Auftrittsplatz ist. Im Zelt ging es nämlich mit Keule weiter, und die wurden umjubelt und abgefeiert wie sonst was. Sehr eindrucksvoll! Ich hatte die beiden bisher gar nicht auf dem Schirm, aber das war Comedy pur. Claus an der Gitarre, Sera am Gesang und “Banjo” (was allerdings gar nicht abgenommen wurde *g*), der Rest kam vom Band. Die deutschen Texte waren sehr unterhaltsam, perfekt für Festivals – insbesondere, da es natürlich bei jedem Lied bestimmte Interaktionen und “Choreos” gab, die das Publikum begeistert umsetzte. Richtig klasse, und mal wieder eine tolle Neuentdeckung! Und wie sagte Sera so schön: “Ich freue mich, dass wir uns jetzt kennenlernen. Jetzt sind wir noch nicht so berühmt, nicht so abgehoben, wie in ein paar Jahren.” Na, da sind wir doch gespannt!
Damit waren wir dann aber an dem Zeitpunkt, wo sich das Gewicht zwischen Haupt- und Zeltbühne wieder verlagerte, denn jetzt ging der Hip-Hop-Teil des “Hip-Hop-Tages” los. Und zwar mit Rockstah auf der Hauptbühne! Ich bin kein großer Hip-Hop-Fan, daher kann ich nicht mit Hintergrundwissen aufwarten. Rockstah bezeichnete sich jedenfalls als “Nerd-Rapper” und kam auch so rüber – was absolut nicht negativ zu verstehen ist! Die Texte waren durchdacht und amüsant, die Mucke kam zwar großenteils von DJs, war aber richtig gut, und die zahlreichen Fans vor der Bühne feierten. “Und noch mal die Hip-Hop-Arme, als wär’s das Splash!” – so schnell wurde das Mini-Rock zum Mini-Hip-Hop! Und wieder nicht negativ gemeint – genau diese Mischung macht das Mini-Rock zu einem solch tollen Festival. Und wie Casper letztes Jahr konnte sicher auch Rockstah dieses Jahr den einen oder anderen Rocker überzeugen, dass Hip-Hop eigentlich doch eine ganze Menge Spaß machen kann.
Im Zelt hatten danach Findus die schwere Aufgabe, Turbostaat zu ersetzen, die kurzfristig abgesagt hatten – und zwar schon zum zweiten Mal. Nächstes Jahr müssen sie dann wohl mal als Ersatz für eine ausfallende Band einspringen. 😉 Und “schwere Aufgabe” ist in diesem Fall voll und ganz ernst gemeint. Kaum jemand kannte die Band, kaum jemand interessierte sich für sie, und diejenigen, die im Zelt waren, wollten vermutlich größtenteils nur mal gucken, was da denn als Ersatz gebucht wurde. Um es kurz zu machen: Ich fand’s toll! Meine Genre-Klassifizierung war “Neue deutsche Welle meets Punk”, das Ganze auf Deutsch (aber leider schlecht zu verstehen aufgrund des Sounds). Die fünf Hamburger lieferten trotz des recht spärlichen Publikums eine tolle und energievolle Show ab – was die Anwesenden im Publikum auch voll und ganz würdigten, indem sie ausgiebig tanzten. Oder den Holzfußboden als Trampolin missbrauchten. 😉 Für mich also auch eine tolle Neuentdeckung, und die liebevollen Lästereien über Cro sowie die Ausrede “Ist ja mehr so ein Hip-Hop-Festival hier” für das geringe Interesse machten sie gleich sympathisch.
Cro war dann der klare Headliner des Abends, der die meisten Zuschauer vor die Hauptbühne ziehen konnte. Wie erwähnt – ich bin kein Hip-Hop-Fan. Dennoch ist mir natürlich bewusst, dass Cro zurzeit echt eine “Größe” der Szene ist, insofern kann ich voll und ganz nachvollziehen, dass sich dieses Konzert keiner entgehen lassen wollte. Aber – insbesondere auch im Vergleich zu Rockstah vorher – fand ich es nicht wirklich gelungen. Cro wirkte ziemlich abgehoben, und seine Publikumsinteraktion beschränkte sich größtenteils auf Phrasen wie “Alle Hände gehen hooooooch!” oder “Wer kann den Text?”. Und dann diese Panda-Maske … die Aufforderung, dass doch mal alle bitte ein Pandageräusch machen sollen, ging dann auch ein wenig in die Hose. 😉 Pluspunkte gibt’s aber dafür, dass er zumindest teilweise von Musikern live unterstützt wurde und nicht alles aus der Konserve kam. Und auch wenn ich nicht allzu begeistert war – das Publikum war es. Besonders vor der Bühne ging es richtig zur Sache und es sah nach einem ziemlichen Gequetsche und Geschiebe aus. Aber auch weiter hinten wurde noch enthusiastisch mitgesungen und getanzt. In der Zugabe durfte dann auch Rockstah noch mal für ein Lied mit auf die Bühne.
Nach dem Hip-Hop ist vor dem Ska-Punk – damit ging’s nämlich im Zelt mit Yakuzi weiter. Die Jungs aus Pforzheim machen live immer Spaß (auch wenn ich bei ihnen ein chronischer “Früher war alles besser”-Finder bin), haben sich mittlerweile einen Namen gemacht und konnten das Zelt so einigermaßen füllen. Eindrucksvoll waren alle Mitsing-Teile – da merkte man dann, dass Yakuzi zu Recht den Headliner-Spot von Turbostaat übernommen hatten, denn die Texte saßen. Im Publikum zumindest. Auf der Bühne auch, aber nur, so lange das Publikum nicht plötzlich anfing, mit den Armen zu wedeln – “Hört auf zu winken, das irritiert mich!” Völlig nachvollziehbar, schließlich war der Hip-Hop-Teil ja auch abgeschlossen. 😉 Natürlich gab es auch wieder den Wutbauch – sehr zum Entsetzen der Security, die leicht panisch mitverfolgte, wie alle aufeinander einprügelten. Wobei ich das ja verständlich finde – im Gegensatz dazu, dass es in letzter Zeit auf allen Festivals aufs Strengste verboten zu sein scheint, sich bei anderen Leuten auf die Schultern zu setzen. Aber nun ja, wenn die Regeln so sind, dann muss man halt auf den Wutbauch ausweichen, um die Security zu ärgern.
Als Headliner des ersten Festivaltags standen nun Boysetsfire auf dem Programm. Hier bin ich vermutlich noch ungeeigneter, objektiv vom Konzert zu berichten, da ich mit Hardcore noch weniger anfangen kann als mit Hip-Hop … 😉 Was ich aber berichten kann, ist, dass die Jungs äußerst sympathisch rüberkamen. Auch wenn es einige technische Probleme gab und Sänger Nathan eigener Aussage nach “total schlecht mit Ansagen” ist – was dann aber auch zur Folge hatte, dass wir, im Gegensatz zu Cro, keinerlei leere Phrasen zu hören bekamen. Das Publikum feierte von Beginn an, und verständlicherweise ging es um einiges härter zu als bei den vorherigen Bands. Und das, obwohl insgesamt sichtbar weniger los war als bei Cro! Dennoch regnete es vorne im Graben nur so Crowdsurfer, und man konnte sehen, mit wie viel Enthusiasmus die Fans vor der Bühne bei der Sache waren. Ein toller Abschluss des Festivaltages!
“Rock am Ring ist ein Scheiß gegen euch, so sieht’s aus!” – Samstag, 4. August
Eine kurze Nacht später ging es in Horb auch schon weiter, und wie eigentlich immer gab es auch am Samstag wieder eine gute Mischung aus bekannt und unbekannt, mit gehörigen Überraschungen bei den mir unbekannten Bands und gewohnt tollen Konzerten bei den bekannten Namen!
Bei Bender war ich leider noch unterwegs, aber pünktlich zu Die Zahnfee kam ich an der Zeltbühne an. Und wäre beinahe rückwärts wieder aus dem Zelt raus – war das gestern auch schon so extrem laut da drin? Oder hatte die Band den Mischer bestochen? 😉 Aber wofür gibt es Ohrstöpsel … Ein sehr schöner Auftritt der erst vor kurzem formierten Band, die deutschsprachigen Punk spielt. Sie hatten schon im Vorhinein viel Werbung betrieben, sowohl online als auch durch Aushänge auf dem Festival, die Marketing-Abteilung funktioniert also. Und auch die Bestechung der Zuschauer durch das Verteilen von Zahnbürsten (!!) zeigte sicher Wirkung. Verständlicherweise war im Zelt zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich viel los, aber wie immer beim Mini-Rock waren die Anwesenden interessiert und voll bei der Sache – ein sehr schöner Auftakt! Übrigens auch mit sehr gutem Sound, sodass man die Texte verstehen konnte.
Auf der Hauptbühne danach die Überraschung des Festivals, zumindest für mich. Jamaram sagten mir überhaupt gar nichts, und um die Uhrzeit erwartete man ja eigentlich auch keinen Höhepunkt. Aber schon der Bühnenaufbau versprach einiges: 8 Leute, Bläser, die werden doch nicht …? Doch, sie spielten astreinen Reggae, teilweise Ska, mit Texten auf Deutsch, Spanisch, Englisch und Französisch. Natürlich passte das perfekt zum strahlenden Sonnenschein und riss alle Zuschauer voll und ganz mit – und lockte auch ganz offensichtlich viele an, denn vor der Bühne füllte es sich immer mehr, und alle waren voll und ganz dabei. Spätestens, als ein paar Leute auf die Bühne geholt wurden (“Du mit deinem Hasenkostüm, komm gefälligst sofort auf die Bühne!”) und zusammen mit der Band eine Choreo vortanzten, kam richtig Bewegung ins Publikum, und alle tanzten willenlos und enthusiastisch mit. Klasse, richtig toll! Und von da an gab es kein Halten mehr, es wurden Polonaisen getanzt (na ja, “gerannt” trifft es in dem Fall vielleicht eher ;-)), und es war wunderbar zu sehen, wie auch komplett schwarz gekleidete Rocker und Punker sich nicht davor wehren konnten (oder wollten), mit den Hüften zu wackeln und mitzutanzen. Und gute Tipps hatten die Jungs von Jamaram für uns auch parat, da es ja noch früh am Tag war und noch nicht das ganze Geld in Alkoholika umgesetzt war: “Ihr könnt euch den Kater ersparen und lieber ein paar CDs von uns mit nach Hause nehmen!” Aber gerne doch! Das letzte Lied spielte die Band dann einfach mitten im Publikum statt auf der Bühne – umringt von der feiernden Meute. So was nennt man dann wohl Triumphzug!
Damit hatte die nächste Band im Zelt natürlich einen sehr schweren Job. Sim Sin taten aber ihr Bestes und hatten auch einige Fans dabei, die begeistert bei der Sache waren. Wie üblich um diese Uhrzeit war im Zelt aber leider nicht allzu viel los, egal wie sehr Sim Sin sich ins Zeug warfen – und das taten sie! Allein ihr Auftreten mit freiem Oberkörper, Neon-Deko (inklusive neongelber Perlenkette) und Batman-Maske grenzte sie schon von anderen Bands ab, und auch ihr energievoller Auftritt blieb in Erinnerung. Da sie nur zu dritt waren und der Bassist teilweise den Schlagzeuger unterstützte, kam vermutlich ein guter Teil der Musik vom Band, was ich ja immer ungünstig finde. Auch wenn es hier absolut nicht auffiel, und die Energie auf der Bühne machte das voll und ganz wieder wett.
Eigentlich wären danach Vierkanttretlager an der Reihe gewesen, die aber kurzfristig absagen mussten. Als Vertretung konnten die Organisatoren Mega! Mega! engagieren, die extra aus Berlin angereist waren. “Wir sind 700 Kilometer gefahren, um hier hinzukommen – mögt ihr die letzten zwei Meter nach vorne kommen?” – tat das Publikum natürlich auch, bzw. diejenigen, die vor Ort waren. Das war nämlich leider ein recht überschaubarer Haufen … sehr schade, insbesondere, wenn eine Band so kurzfristig einspringt. Mega! Mega! spielten Rock mit deutschen Texten, der vom Publikum gut angenommen wurde – richtig gezündet hat es aber nicht. Dennoch verkündete der Gitarrist mehrfach, dass er seine erste Tochter irgendwann “Horb” nennen wird. Da sind wir doch mal gespannt … 😉
Im Zelt war es danach Zeit für die einzige “internationale” Band des Tages, nämlich De Staat aus den Niederlanden. Für mich ein völlig unbeschriebenes Blatt, den Namen hatte ich noch nie gehört, aber sie sind definitiv in Erinnerung geblieben! Allein ihre Erscheinung unterschied sie schon stark von anderen Bands – in Hemden und Anzügen, mit Autohupen, und mit einem wunderbaren Humor. Sie hatten das – auch hier wieder nicht allzu umfangreiche – Publikum sofort in der Hand, sodass ohne jegliche Animation oder Aufforderung mitgeklatscht wurde (und getanzt ja sowieso). Sehr zur Freude der Band: “Clapping people are handsome people!” Musikalisch traue ich mich nicht, das Ganze einzuordnen. Los ging’s mit Rock, plötzlich spielten sie dann Dance/Techno (allerdings in normaler Band-Besetzung!), bevor’s mit A-capella-Chören weiterging, gefolgt von Stadionrock. Am ehesten würde ich die Musik wohl mit Cloroform oder ein bisschen mit Dúné vergleichen. Der Sänger kam jedenfalls ordentlich ins Schwitzen. Das Taschentuch, das er daraufhin gereicht bekam, gab er nach dem Schweißabwischen gleich wieder ins Publikum zurück: “Holy sweat! Go ahead, Sir, sell this one on the internet!” Köstlich!
Ungewöhnlich früh waren dann Itchy Poopzkid auf der Hauptbühne dran, die einen gewohnt mitreißenden Auftritt ablieferten. Im Vergleich zu einigen anderen Bands kamen sie in ihren Ansagen aber teilweise ein wenig abwertend rüber – klar, Bananenkostüme und Ganzkörper-Anzüge gibt es auch auf anderen Festivals, aber sind sie deshalb weniger lustig? Und dann das Festival beinahe nach Herrenberg verlegen, ts ts ts … 😉 Und wenn man doch soooo festivalerfahren ist, dann kann einem doch nicht der grobe Schnitzer unterlaufen, dass man darum bittet, statt BHs doch lieber Socken auf die Bühne zu werfen … Sehr amüsant, denn natürlich regnete es danach Socken ohne Ende! Bis die Bitte kam, die Dinger immer nur paarweise zu werfen: “Sonst können wir nichts damit anfangen!” Natürlich gab es auch sonst jede Menge Blödeleien auf der Bühne, und natürlich einen Haufen guter Musik zum Tanzen und Pogen. Sie brachten ein riesiges (und ich MEINE riesiges) Circle Pit zustande, und danach wurde auch noch ganz brav gefragt, ob jemand was dagegen habe, wenn sie eine Wall of Death machen? Gut, das Ergebnis interessierte natürlich niemanden, denn natürlich gab es auch die Wall of Death und überhaupt einen gewohnt tollen Auftritt, der vom beeindruckend zahlreichen Publikum zu Recht umjubelt wurde.
Danach hatte ich eine kurze Pause eingeplant, da mir His Statue Falls nichts sagten. Aber kurz ins Zelt zum Fotos machen war natürlich noch drin – und zu dem Zeitpunkt war die Band noch voll und ganz mit dem Soundcheck beschäftigt, es waren aber schon eine ganze Menge Zuschauer versammelt, die sich in die ersten Reihen drängten. Dazu wurden wir Fotografen auch gleich gewarnt, dass wir uns verdrücken sollten, sobald es heftig wird. Ach herrje, was war denn hier zu erwarten?! Nun ja: eine Techcore-Band aus dem Saarland, die offenbar einen ordentlichen Bekanntheitsgrad hat und schon während des Soundchecks und der darauffolgenden Ansage (die der Sänger gleich mal zusammen mit der Moderatorin absolvierte) sehr sympathisch rüberkam. Meine Musik ist Hardcore nicht, aber dennoch war es absolut eindrucksvoll – sowohl die Masse an feiernden Menschen vor der Bühne als auch die druckvolle, gleichzeitig aber auch melodiöse Musik der Band. Zeit für eine Pause war es für mich trotzdem – die Ansage, dass das Mini-Rock besser ist als Rock am Ring, hörte man aber auch noch auf dem Parkplatz. 🙂
2011 noch eine der ersten Bands des Festivals im Zelt, 2012 Co-Head auf der Hauptbühne: Kraftklub! Da könnte man nun eine Band erwarten, deren Mitgliedern der Erfolg zu Kopf gestiegen ist und die einfach nur eins mehr ihrer zahlreichen Konzerte runterbetet – weit gefehlt. Die Jungs sind einfach sympathisch, machen wunderbare Musik und bringen das komplette Festival (was auch ziemlich vollzählig vor der Hauptbühne versammelt war) zum Tanzen und Hüpfen. Und zwar nicht wie andere Bands mit einem stumpfen “jetzt hüpft gefälligst alle”, sondern indem jeder einzeln angesprochen wurde: “Du da hinten mit dem Tanktop, der Typ hier vorne mit dem Computerkopf, ihr da drüben, mit denen wir eben auf dem Campingplatz ein Bier getrunken haben, …” Natürlich wurde zu Beginn erst mal gefragt, wer denn im letzten Jahr im Zelt alles dabei gewesen war – ich muss Sänger Felix aber Recht geben, so viele, wie sich gemeldet haben, waren definitiv nicht dort. 😉 Vor Randale mussten sich alle hinsetzen (und das funktionierte ausgezeichnet, bis sehr weit hinten), nach der Wall of Death sorgten sie sich ums Publikum (und ließen für die verlorene Brille auch gleich mal Licht im Publikum anmachen), und als ein Becher auf die Bühne flog, wurden wir nett darauf hingewiesen, dass es darauf doch Pfand gibt. Hach ja, einfach nur nett und sympathisch! 🙂 Auch wenn’s am Anfang einen kurzen Schreckmoment gab, als der Sänger beinahe kopfüber in den Graben gepurzelt wäre. Zum Glück nur beinahe … Ehrlich gesagt hatte ich mit einem ziemlichen Chaos im Publikum gerechnet bei diesem Auftritt, aber alles lief geordnet ab, obwohl es vor der Bühne gut voll war. Hoffen wir, dass das nächste Woche beim Taubertal genauso gut läuft …
Im Zelt waren zur vorletzten Band dort noch extra Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, mit Gittern zur Unterteilung in Ein- und Ausgang. Sicher sinnvoll, denn nun war es Zeit für die Emil Bulls! Wie erwartet wurde es auch gut voll, aber nie überfüllt; wobei ein großer Teil des Publikums sich auch noch draußen an den Fressständen und vor der Hauptbühne aufhielt. Die Stimmung bei den Bulls war wie gewohnt riesig – ich bin doch jedes Mal wieder überrascht, dass ich ihre Lieder kenne, dabei besitze ich keine Platte und sehe sie nur hin und wieder mal auf ‘nem Festival live … aber die Lieder sind eben einprägsam und die Konzerte eigentlich immer klasse!
Headliner des Abends waren K.I.Z.. Disclaimer vorab: Ich kann K.I.Z. nicht ausstehen. Ich finde sie einfach nur primitiv, und auch die intelligentesten Texte können das nicht rausreißen, wenn man live kein Wort versteht und sich seine Meinung daher nur aufgrund der unterirdischen Ansagen bilden kann. Und die Überraschung des Abends: Der Sound war richtig, richtig gut, und man konnte tatsächlich etwas verstehen! Daher muss ich auch das Zugeständnis machen, dass die Texte wirklich gar nicht sooo schlecht sind. 😉 Das Publikum feierte auf jeden Fall und hatte einen riesigen Spaß beim Auftritt. Natürlich bieten die Jungs mit ihren Rauch-Sprühern, Geldkanonen und durchgehender Action auf der Bühne auch eine ordentliche Show – sie hatten den Slot also voll und ganz verdient und waren ein passender Abschluss fürs Festival, auch wenn ich mich mit ihnen wohl nie anfreunden können werde. Muss ich ja aber auch nicht – ein feierndes Publikum spricht schließlich für sich! Und dem konnten auch die paar Regentropfen in der Zugabe den Spaß nicht nehmen.
Der richtige Regen wartete zum Glück noch ein paar Minuten, bis sich alle, die noch nicht genug Musik hatten, im Zelt für die letzte Band eingefunden hatten. Dort stand zum Abschluss noch Wirtz auf der Bühne. Der erklärte zwar, dass Auftrittszeiten vor 10 Uhr morgens und nach Mitternacht meist eher unangenehm sind, aber schließlich kommt es ja immer darauf an, ob das Publikum Bock hat! Und das hatte es – wenn auch nur die ersten paar Reihen. Schade, dass sich so wenige richtig für diesen Auftritt interessiert haben, denn Wirtz lieferte ein eindrucks- und energievolles Konzert ab, genau richtig als Abschluss des Festivals. Und live kommen seine Lieder noch um einiges punkiger und rockiger rüber als auf Platte! Sehr schade allerdings, dass er am Ende quasi “abgewürgt” wurde und sein letztes Lied nicht mehr spielen durfte – okay, er war über die Zeit, aber als letzte Band des Abends sollte das doch egal sein. So kam das Ende ein wenig plötzlich, was doch einen leicht schalen Nachgeschmack hinterließ – aber insgesamt war der Abend so gut wie perfekt, daher war das zu verschmerzen.
Insgesamt hat das Mini-Rock also mal wieder voll abgeliefert – angefangen vom Booking mit vielen tollen Live-Bands, ganz egal, ob man die nun kannte oder nicht, über die Organisation, wo wie gewohnt alles passte und es kaum Verbesserungsvorschläge gibt (einzig: mehr Mülleimer!), bis hin zum perfekten Festivalwetter, für das das Mini-Rock-Team zwar nichts konnte, wo aber durch die verbesserte Infrastruktur sichergestellt war, dass auch ein früherer Regenguss das Festival nicht ins Verderben gestürzt hätte.
Was schade war, war die kurzfristige Absage der Autogrammstunden – dies war offenbar einem Kommunikationsproblem zwischen dem veranstaltenden Magazin und den Managements der Bands geschuldet. Sehr ärgerlich, aber es hilft nicht, hier den Schwarzen Peter hin und her zu schieben, hoffen wir, dass das nächstes Mal professioneller abläuft – das Mini-Rock-Team hatte hier jedenfalls gar nichts mit zu tun, außer dass sie am Ende Übermittler der schlechten Nachricht sein mussten …
Interessant fand ich die Publikumsstruktur: Im Gegensatz zu vielen anderen Festivals vor allem in Deutschland war das Publikum sehr gemischt und bestand nicht nur aus feiernden Teenagers – die machten natürlich den Großteil des Publikums aus, aber es gab auch viele ältere Besucher sowie Familien. Und genau das zeigt, dass das Mini-Rock mit seinem gemischten Programm einfach sehr viele Menschen anspricht, und man muss weder Fan einer Band noch Festivaljunkie sein, um in Horb zwei wunderschöne Festivaltage zu verbringen. Wir sehen uns 2013!